Ignácio de Loyola Brandão beim Literaturpflaster

Eine Literaturlegende

Signierstunde mit der brasilianischen Literaturlegende Ignácio de Loyola Brandão. (SZ-Foto: Melanie Günther)

Bad Berleburg. (mg) In Brasilien hat Ignácio de Loyola Brandão Literaturgeschichte geschrieben. Am Donnerstagabend bot sich den Literaturpflastergängern die Möglichkeit zum Wiedersehen mit dem Autor (oder auch Kennenlernen) im ehemaligen Bad Berleburger Kurhaus. Ein großer Wunsch der Verantwortlichen war es, zusammen mit de Loyola Brandão den 20. Geburtstag des Literaturpflasters zu begehen.

Bereits vor zwanzig Jahren gastierte Ignácio de Loyola Brandão, während der ersten Auflage des Literaturpflasters 1994 in Bad Berleburg, und auch dieses Jahr hat er es wieder ins Wittgensteiner Land geschafft. Dabei war es nicht so einfach, ihn nach Bad Berleburg zu holen, berichtete die Kulturbeauftragte Rikarde Riedesel zu Beginn. Da de Loyola Brandãos Werke in Deutschland nicht mehr aufgelegt werden, gestaltete sich es sich als schwierig, den Kontakt herzustellen. Michael Kegler, der an diesem Abend auch als Übersetzer tätig war, fungierte dann glücklicherweise als Kontaktmann.

Kontinuität bewiesen die Veranstalter auch mit der Wahl des Veranstaltungsortes. War es damals noch das Berleburger Kurhaus, so befand man sich an diesem Abend im umgebauten Anwendungslabor der Firma Ejot Applitec. Ein außergewöhnliches Ambiente zwischen Computern und Bohrmaschinen, das auch de Loyola Brandão faszinierte. Ein paar Schrauben wolle er mitnehmen, so der Autor, immerhin werfe ihm seine Frau häufig vor, er habe ein paar davon locker.

Zeitlos ist auch de Loyola Brandãos Literatur. Viele seine Werke bieten gesellschaftskritische Betrachtungen und setzen sich mit dem Zerfall der Gesellschaft auseinander. So der Roman "Null", der an diesem Abend neben der Kurzgeschichte "Die Köpfe am Montag" im Vordergrund stand. Der Roman unterlag zunächst in Brasilien der Zensur und dem Verbot durch die Militärdiktatur. Es sei eine schwere Zeit gewesen, und mit dem Buch habe er eine Bombe geworfen, obwohl er kein Terrorist sei, berichtete der Autor.

Es sind alltägliche Begegnungen und aktuelle Geschehnisse, die de Loyola Brandão zu seinen Werken inspirierten. Über Jahre hinweg sammelte er als Redakteur einer Zeitung Artikel, die der ansässige Zensor verbot. Die Idee, einen Roman aus Fragmenten und Schlaglichtern zu erstellen, war damit geboren, und der bruchstückhafte Charakter spiegelt sich auch erzähltechnisch wider. Alles, was in der Realität geschah, wollte de Loyola Brandão literarisch verarbeiten, tarnte es als Fiktion, und da der Mensch zu dieser Zeit nichts wert war, nannte er den Roman "Null".

Es war eine beeindruckende Lesung mit Ignácio de Loyola Brandão. Er ist der Beweis dafür, dass es sich lohnt, Widerstand zu leisten sowie für den Erhalt der Menschlichkeit zu kämpfen und nicht mit Scheuklappen durch die Welt zu gehen.

Von Melanie Günther


Siegener Zeitung (12.10.2013)
Internet: www.siegener-zeitung.de
Bildquelle: SZ-Foto von Melanie Günther (mg)

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