Fesselndes Bild menschlicher Abgründe

Lesung im Autohaus: Das Bad Berleburger Literaturpflaster präsentierte 'Galopp in die Finsternis' von Baltasar Porcel. Im Bild Übersetzerin Ulrike Thoß und der Vorsitzende der Kulturgemeinde, Otto Marburger. (WR-Bild: sk)

Wenig Publikum bei Lesung aus Baltasar Porcels Roman "Galopp in der Finsternis"

Bad Berleburg. (sk) Enttäuschend könnte man es nennen, wenn ein Künstler ein Werk vorstellen will, in das er viel Arbeitszeit und Teile seines Selbsts investiert hat und dann in einen gerade einmal spärlich besetzten Saal schaut. Soweit jedoch kam es nicht.

Denn bei der Lesung aus Baltasar Porcels "Galopp in die Finsternis" im Rahmen des Berleburger Literaturpflasters war der Autor aus gesundheitlichen Gründen nicht anwesend. Am Buch selbst kann der schwache Besuch nicht gelegen haben. Die Passagen, die die Übersetzerin Ulrike Thoß (Elfenbeinverlag) im Verkaufsraum des Autohauses Kroh vorlas, stellten unmissverständlich klar, dass es sich um ein mehr als wertvolles Stück reinster katalanischer Literatur handelt.

Der knapp 250 Seiten starke Roman, der den jungen Protagonisten in einem Pariser Antiquariat auf eine Reise in die Vergangenheit seiner Familie bis in das 17. Jahrhundert hinein trägt, ist vor etwas mehr als zehn Jahren in die Sammlung "Die besten Werke katalanischer Literatur" aufgenommen worden, hat viele Preise erhalten (u. a. den Premi Prudenci Bertrana) und wurde ebenfalls 1995 von dem einflussreichsten US-amerikanischen Kritiker- und Literaturmagazin "Publishers Weekly" in die Liste der zehn wichtigsten Werke ausländischer Autoren des Jahres aufgenommen.

Der Streifzug durch die von Brutalität, Missgunst und Verbrechen geprägte Familiengeschichte des Protagonisten spiegelt auch ein fesselndes und wirklichkeitsnahes Bild der menschlichen Geschichte und menschlicher Abgründe wider, bis sich am Ende unweigerlich die Frage stellt, ob wir Menschen dem Weg, den unsere Vorväter uns vorgegeben haben, folgen - oder ob wir selbst unseres Schicksals und vielleicht auch unseres Glückes Schmied sind.

"Galopp in die Finsternis" ist der siebte Roman des 1937 in Andratx (Mallorca) geborenen Essayisten, Erzählers, Dramaturgen und Journalisten Baltasar Porcel. Porcel ist Mitbegründer und war langjähriger Leiter des Katalanischen Mittelmeerinstitutes. Er hat fast den gesamten Erdball bereist und darüber berichtet. Am Sonntag, dem letzten Tag der Frankfurter Buchmesse, übergab er den Stab des Gastlandes an die Türkei.

Ulrike Thoß, Übersetzerin von Berufswegen, hat mit "Galopp in die Finsternis" ihren ersten Roman übersetzt. Lange Jahre hat sie in Valencia gelebt und die katalanische und spanische Sprache verinnerlicht. Die Romanübersetzung war für sie eine idealistische, angenehme Angelegenheit. Leben könne man davon nicht, erklärte sie, als aus dem Publikum der Verweis auf Günter Grass ("Die Blechtrommel") und dessen Übersetzer kam.

Es sei aber eine Herausforderung, einen Roman, ein literarisches Gesamtwerk, zu übersetzen, statt Speisekarten für Restaurants und Hotel-Informationen in andere Sprachen zu übertragen, so Thoß. Während ihrer Arbeiten am Roman habe sie mehrmals mit dem Autor gesprochen, mallorquinische Spracheigenheiten erfahren und festgestellt, dass eine wörtliche Übersetzung nicht immer optimal sei. Die Sprache und Gefühle, die dem Leser nahe kommen sollen, müssten "auf Deutsch funktionieren". Wörtlich wäre dies schwierig.

Von Stefan Kascherus

Textauszüge im Internet

Info

  • Eine kurze Inhaltsangabe, Textausschnitte sowie Informationen zum Roman und dem Autor sind auf der Internetseite des Elfenbeinverlages einzusehen (www.elfenbein-verlag.de/porcel.htm).
  • "Galopp in die Finsternis" (katalanisch: "Cavalls cap a la fosca"), 250 Seiten, 18 Euro, ISBN 978-3-932245-43-5.

Westfälische Rundschau (16.10.2007)
WR-Bild: Stefan Kascherus (sk)

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