Abenteuer Lesen

Südwestfalen ist ein Mutterland der Literaturfestivals.
Im Herbst gibt es viele außergewöhnliche Autorenbegegnungen

Hagen/Menden/Bad Berleburg. Donna Leon wird am 28. September 80 Jahre alt. Statt zu feiern, geht die berühmte Autorin auf eine kleine, exklusive Lesereise. Eine von nur fünf Stationen liegt im Sauerland. Die Schöpferin von Commissario Brunetti stellt am 31. Oktober beim Mendener Autorenherbst ihren neuen Roman „Milde Gabe“ vor. Die Lesung ist nicht der einzige literarische Hochkaräter. Im Herbst haben die Literaturfestivals Saison, und Südwestfalen darf sich gerne als das Mutterland der Literaturfestivals in NRW bezeichnen.

Berleburger Literaturpflaster

Schon zum 29. Mal präsentiert das Berleburger Literaturpflaster das Gastland der Frankfurter Buchmesse und ist damit eines der ältesten Literaturfestivals in NRW überhaupt. Ein breites Bündnis von Veranstaltern und Sponsoren macht die Reihe möglich. Spanien ist in diesem Herbst der Buchmessen-Ehrengast. Das mutet auf den ersten Blick wie die Begegnung mit einer vertrauten Landkarte an. Aber Kulturamtsleiterin Rikarde Riedesel verweist begeistert auf die zahlreichen Entdeckungsmöglichkeiten. „Es gibt so viel Neues zu erkunden, neue junge Autoren, die jetzt zur Buchmesse erstmals ins Deutsche übersetzt werden. Dazu kommen die eigenständigen literarischen Regionen Galizien, Katalonien und das Baskenland. Das ist so spannend.“

Das Berleburger Literaturpflaster ist bekannt für seine Grenzgänge und überraschenden Vernetzungen. Traditionell spielt die Lebenskultur des Gastlandes eine große Rolle, so gibt es zum Beispiel Kulinarische Weinproben. Außerdem ist der Jakobsweg ein Thema. Pilgerreferent Michael Kaminski hält am 6. Oktober einen Vortrag über den Camino, am 8. Oktober ist Pilgertag in Bad Berleburg mit den ausgebildeten Pilgerbegleiterinnen Christine Marburger und Caroline Marburger. Alle Termine:
www.literaturpflaster.com

„Wir arbeiten daran, die Leute wieder vom Sofa zu kriegen.“
Rikarde Riedesel, Kulturamtsleiterin in Bad Berleburg

Mord am Hellweg

Mord am Hellweg ist Europas größtes Internationales Krimifestival und präsentiert zum 10-Jahr-Jubiläum 180 Lesungen an über 100 teilweise sehr ausgefallenen Orten rund um den Hellweg mit den Stars und den Neuentdeckungen der Krimiszene. In Hagen und Iserlohn gibt es jeweils vier Veranstaltungen, darunter die internationale Museumsnacht im Kunstquartier Hagen am 22. Oktober mit Autorinnen und Autoren aus Dänemark, Schweden und Finnland. Am 15. Oktober wird die Dechenhöhle Iserlohn insgesamt viermal hintereinander zum Mordort mit dem Autor Krischan Koch. Alle Termine.
www.mordamhellweg.de

Leselust

Das Festival Leselust widmet sich interkommunal der Leseförderung, spricht also Kinder und Jugendliche an. In Hagen, Iserlohn, Lüdenscheid, Plettenberg und Kierspe gibt es eine Fülle von Veranstaltungen für eine junge Zielgruppe. Leselust geht dahin, wo Kinder familiär wenig Kontakt zum Lesen und zum Buch haben, aber auch in Flüchtlingsklassen. „Geschichten können Mut machen und uns einen Weg zum Verstehen weisen. Dies gilt auch ganz besonders für Kinder, denen wir diese Welt weiterreichen. Deren Fantasie, Tatendrang und Lebensfreude sind die bescheidenen Werkzeuge, um diesen Planeten zu retten“, sagt Projektleiterin Anna Maria Stenz.

Die Bandbreite der Angebote reicht vom Bilderbuchkino bis zum literarischen Karaoke-Speed-Dating. Die teilnehmenden Autoren sind erstklassig und teils mehrfach preisgekrönt wie Martin Baltscheit. „Ich freue mich besonders, dass Thorben Kuhlmann mit seinen Mäusegeschichten für kleinere Kinder kommen kann, es hat drei Jahre gedauert, bis es endlich geklappt hat“, so Anna-Maria Stenz. „Leselust“ blickt über den Tellerrand, Patrick Addai aus Ghana zum Beispiel erzählt am 7. November nicht nur, sondern trommelt, singt und tanzt. Und Hannah Emde liest am 25. November in der VHS Hagen aus ihrem Buch „Abenteuer Artenschutz – Als Tierärztin im Dschungel“. Die junge Tierärztin ist im Sauerland aufgewachsen und in den Dschungeln der Welt zu Hause, wo sie versucht, Arten vor dem Aussterben zu retten. In der ARD-Mediathek sind die Folgen ihrer Sendereihe „Hannah goes wild“ zu sehen. Alle Termine:
www.leselustfestival.de

Mendener Autorenherbst

Der Mendener Autorenherbst gehört ebenfalls zu den festen Ankern der Literaturszene in der Region. Buchhändler Andreas Wallentin gelingt es immer wieder, bekannte Autoren und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens für einen Auftritt in Menden zu gewinnen. Dabei bildet die Mischung das breite literarisch-gesellschaftliche Spektrum ab. So kommt unter anderem am 4. Oktober Andreas Sturm, der frühere Generalvikar des Bistums Speyer, der sein Amt niedergelegt hat, mit seinem Buch „Ich muss raus aus dieser Kirche“. Neven Subotic stellt am 24. Oktober sein Buch „Alles geben“ vor. Gisa Pauly hat am 5. Oktober ihren neuen Syltroman im Gepäck. Und natürlich Donna Leon am 31. Oktober mit dem 31. Fall von Commissario Brunetti.

„Donna Leon als Gast zu haben, ist etwas ganz Besonderes“, freut sich Andreas Wallentin auf die Begegnung. „Sie reist mit großer Equipe, das ist eine Herausforderung. Ich habe noch nie eine Veranstaltung gemacht, wo drei Personen auf der Bühne standen.“ Die US-Amerikanerin Donna Leon lebt in der Schweiz an der Grenze zu Italien, nachdem sie wegen der vielen Touristen ihre Wahlheimat Venedig verlassen hat. Sie wird in englischer Sprache lesen. Mit dabei ist ihre Übersetzerin Annett Renneberg, dem TV-Publikum auch als Signorina Elettra bekannt. Moderiert wird der Abend auf der Wilhelmshöhe von der Journalistin und Autorin Shelly Kupferberg („Isidor“). Alle Termine:
www.buch-daub.de

So hochkarätig das Programm aller Literaturfestivals ist, so sehr ist auch diese Kultursparte von dem allgemeinen Publikumsrückgang infolge der Coronapandemie betroffen. Die Auslastung und Vorverkaufsbuchungen reichen bei weitem nicht an Vor-Corona-Zahlen heran, die Besucher sind immer noch vorsichtig. „Wir arbeiten daran, die Leute wieder vom Sofa zu kriegen“, sagt Rikarde Riedesel. „Wir nehmen extra nur 6 Euro für die Eintrittskarte, um jedem zu ermöglichen, fünf Veranstaltungen zu besuchen.“ Auch Andreas Wallentin findet die Situation alarmierend: „Die Kultur muss weiterlaufen. Alles andere wäre eine Katastrophe für unsere Gesellschaft.“

Von Monika Willer


Iserlohner Kreisanzeiger und Zeitung (IKZ) (22.09.2022)
Internet: www.ikz-online.de

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