Viktor Arnar Ingólfsson
und Óttar Martin Nordfjörd
sprechen in der SZ über ihre Schriftstellerei

Darum ist der Humor so wichtig

Vor der Kriminacht sprachen die Gäste aus Island über die Schriftstellerei. (SZ-Foto: Dr. Volker Gastreich)
Óttar Martin Nordfjörd (l.) und Viktor Arnar Ingólfsson im Gespräch. (SZ-Foto: Dr. Volker Gastreich)

Bad Berleburg. (vg) Wenige Stunden vor der großen Kriminacht in Bad Berleburg, standen die beiden bekannten isländischen Autoren Viktor Arnar Ingólfsson und Óttar Martin Nordfjörd für ein persönliches Interview mit der Presse in den Räumen des Literaturhotels Landhaus Wittgenstein zur Verfügung.

Die beiden Schriftsteller wirken sehr entspannt als sie sich bei Kaffee und Kuchen an dem kleinen Tisch in einer Nebenstube des Hauses niederlassen. "Beautiful", sagt Óttar Martin Nordfjörd als er mit wachem Blick unter den Gläsern seiner modernen Brille hindurch aus dem Fenster schaut.

Die Umgebung hier habe es ihm gleich angetan, die vielen Wälder, das Romantische, das Düstere. "Ich habe eben noch ein Buch gesehen, das es auch in isländischer Übersetzung gibt. Hier bei Euch heißt es 'Tannöd' oder so ähnlich? Und auch ein Film soll hier gedreht worden sein, habe ich gehört?" Die beiden Krimi-Autoren tauschen einander Kennerblicke. Schon ist es beschlossene Sache: Diesen besonderen Schauplatz auf Hof Rüsselsbach wollen sie sich auf keinen Fall auf ihrer Lesereise entgehen lassen.

Wie man selbst dazu gekommen sei, kriminalistische Texte zu schreiben? "Vor Jahren habe ich meine erste Geschichte geschrieben, die ein paar kriminalistische Elemente besaß. Naja, und so bin ich immer weiter in diesen Bereich hineingeraten", antwortet Óttar Nordfjörd. "Bei mir war es ein wenig anders", erinnert sich Viktor Arnar Ingólfsson. "Ich habe schon immer sehr gerne und sehr viel gelesen und mir irgendwann einmal die Frage gestellt, was ist es, was Dich an diesen Geschichten immer die Nächte hindurch so fesselt? Die Handlungen sind doch im Grunde gar nicht mal so gut. Die kannst Du doch viel besser schreiben." Irgendwann habe er dann einfach mal selbst angefangen, zu schreiben. "Und nach meinen ersten beiden Büchern wusste ich: Jetzt musst Du erst noch einige weitere gute Bücher lesen, um da weiterzumachen."

So seien bald jene Geschichten entstanden, mit denen er voll und ganz zufrieden war. "Auch wenn ich mich noch immer eher als ein Leser denn als Schreiber verstehe", gibt der Autor augenzwinkernd zu. Für beide, Viktor wie Óttar, ist das Genre Krimi genau die Art, sich auszudrücken, Handlungen zu entwerfen und über die Geschichte dem Leser einen moralischen Wert zu vermitteln.

Ob sie sich denn auch schon in anderen Genres ausprobiert hätten? "Ich habe vorher poetische Texte geschrieben", antwortet Óttar Nordfjörd und führt die dampfende Kaffeetasse zu seinen Lippen. "Auch habe er einmal versucht, ins Science-Fiction-Genre auszuweichen. Aber letztlich komme man damit der isländischen Leserschaft nicht nahe. "Die Leute schlagen solche Bücher auf und fragen erst einmal: Mh? Was ist das denn?" Der Autor lächelt.

Wie man sich schließlich den Erfolg der Krimi-Literatur erkläre? "Ich denke, Island hat nicht eine Tradition von Liebesliteratur, wie zum Beispiel Großbritannien", sagt Óttar Martin Nordfjörd. "Vielleicht liegt eben auch viel an der Umgebung, aus der man kommt."

Die mitunter düsteren Landstriche Islands, die seltsamen Wechsel der Jahrezeiten mit einer extrem lang anhaltenden Sonne im Sommer und einer durchgängigen Dunkelheit in den Wintermonaten würden sich bestimmt in der Faszination der Menschen für das Düstere und Dunkle in der Literatur widerspiegeln. "Mich wundert es nur in diesem Zusammenhang, warum Geschichten mit Geisterwesen oder folkloristische Literatur bei uns nicht populärer sind." Óttar Martin Nordfjörd nimmt einen großen Schluck aus der Kaffeetasse.

Wie aber geht man als Autor beim Schreiben vor? Wie entstehen solche Geschichten, die von dunklen Machenschaften, von kriminellen Charakteren, bösen Ideen und verruchten Personen handeln? "Bei mir sind es auf jeden Fall keine Personen, die ich kenne, die später in meinen Geschichten auftauchen", antwortet Viktor Arnar Ingólfsson und lächelt. "Meistens blättere ich eine Zeitung auf, sehe darin ein Gesicht und überlege mir, dass daraus vielleicht eine Figur für meine nächste Geschichte werden könnte." Dabei verarbeite er gerade nicht aktuelle politische Debatten oder erschütternde Schlagzeilen. "Ich denke, die Zeitungen sind Tag für Tag voll von diesen Geschichten. Das möchten die Leute nicht auch noch in einem Krimi lesen."

Wie es letztlich sei, sich ständig mit Kriminellen, mit Mördern und verrufenen Charaktern in der eigenen Gedankenwelt auseinanderzusetzen? "Oh, mich fasziniert dieser Umgang", antwortet Óttar Martin Nordfjörd und grinst. "Denn Menschen sind nicht einfach nur böse, sie haben immer auch eine zweite Seite. Daher habe ich in einer meiner Geschichten gerade auch das harmlose Verhältnis eines Mörders zu seiner Großmutter beleuchtet." Auch fasziniere ihn beim Schreiben immer wieder aufs Neue, mit sämtlichen Regeln des Krimi-Genres zu brechen und damit den Leser vor neue Herausforderungen zu stellen.

Ob denn auch Humor in der Krimi-Literatur von Bedeutung sei? "Aber ganz bestimmt ist er das", sagt Viktor Arnar Ingólfsson, und Óttar Martin Nordfjörd fügt hinzu: "Eine Geschichte kann ja nicht an einem Stück nur spannend sein. Wo soll sich die ganze Spannung denn entladen, wenn nicht in einem lustigen Dialog oder in einer komischen Figur? Wir wollen ja nicht, dass am Ende der Leser unserer Geschichten noch durchdreht."

Die Krimi-Autoren

Da ist Rikarde Riedesel, der Organisatorin des Berleburger Literaturpflasters, also wieder ein besonderes Kunststück gelungen: In Zusammenarbeit mit Thomas Böhm, Programmleiter Literatur-Deutsch von "Sagenhaftes Island", erreichte sie, dass jetzt das Autorenteam Viktor Arnar Ingólfsson und Óttar Martin Nordfjörd aus Island auf ihrer Deutschlandreise noch vor ihrem Auftritt bei der Frankfurter Buchmesse in Berleburg Station machte. Die Bücher der beiden sind nicht nur Bestseller in Island, sondern erscheinen auch in verschiedenen europäischen Sprachen. Viktor Arnar Ingólfsson wurde 1955 in Akureyri, im Norden Islands, geboren. Heute lebt er mit seiner Frau und zwei Töchtern in Reykjavik, arbeitet als Ingenieur beim isländischen Straßenbauamt und veröffentlicht gerne Kriminalromane. Óttar Martin Nordfjörd, Jahrgang 1980, studierte Philosophie, Spanisch, Deutsch, Französisch und Arabisch an Universitäten in Island, Schottland, Deutschland und Frankreich. Er lebt abwechselnd bei seiner Freundin in Spanien und in seiner Heimatstadt Reykjavik auf Island. Beide Autoren haben sich erst unmittelbar vor der Kriminacht in Bad Berleburg am Frankfurter Flughafen zum ersten Mal kennen gelernt.

Von Dr. Volker Gastreich


Siegener Zeitung (21.09.2011)
Internet: www.siegener-zeitung.de
Bildquelle: SZ-Fotos (2) von Dr. Volker Gastreich (vg)

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