Aka Morchiladze beim Literaturpflaster:
"Die Reise nach Karabach"

Vielschichtige Geschichte

Aka Morchiladze stellte beim 'Literaturpflaster' seinen Erfolgsroman "Die Reise nach Karabach" vor. (SZ-Foto: Guido Schneider)

Bad Berleburg. (schn) Aka Morchiladze ist der meistgelesene Autor in Georgien, und damit eröffnete ein echter Hochkaräter den Reigen der Lesungen des diesjährigen "Literaturpflasters". Er stellte sich am Sonntagabend in der großen Verkaufshalle der Firma Rompel in Bad Berleburg vor, wohltuend frei von Allüren. Abgeklärt und schon ein wenig aus der Distanz sprach er über sein berühmtes Werk, "Reise nach Karabach". Ob dieses Buch tatsächlich so populär sei, wisse er gar nicht, berichtete Morchiladze. Ganz sicher sei sein Buch aber Kult in Georgien. Es habe eine Zeit gegeben, da habe es zum guten Ton gehört, über dieses Buch zu sprechen und es im Regal zu haben.

Worum geht es? "Alles begann Ende Februar", erinnert sich der Kleinganove Gio aus Tiblisi an sein Abenteuer im Februar 1992, als "Bürgerkrieg oder so was" herrschte. Mitten in diesem postsowjetischen Chaos lässt er sich von seinen Kumpels zu einem Trip ins benachbarte Karabach überreden. Bergkarabach ist ein mehrheitlich von Armeniern bewohntes Gebiet im heutigen Aserbaidschan, um das zwischen den beiden Ländern ein Konflikt schwelt. Die georgischen Freunde, sind eher Tagediebe denn Kriminelle, die ab und an Geld mit Drogen verdienen. Sie wissen wenig von Karabach und seinen Gefahren. Gio kommt aus gutem Hause, er gehört zu den Bessergestellten im Sowjetreich, doch seine Freunde stehen nicht auf dieser Seite. Dennoch sind sie Freunde. In Karabach kommt es, wie es kommen muss: Gio gerät in Gefangenschaft, erst auf der einen Seite, dann auf der anderen. Irgendwann dämmert ihm, dass man Lösegeld für ihn erpressen will …

Doch es geht nicht nur um den völlig absurden Beschaffungstrip in ein Kriegsgebiet, es geht für Gio auch um die Liebe seines Lebens. Er lernt Jana, eine traurige und ernste junge Frau, kennen. Sie ist, wie die anderen Frauen dort, eine Prostituierte. Doch Gio und seine Freunde gehen nicht in ein Bordell, sondern in eine Privatwohnung. Jana geht schließlich mit Gio, doch sie landen nicht im Bett, sondern geben einander Halt, ohne sich zu berühren. Jana lässt ihren Gefühlen ihren Lauf, und Gio nutzt es nicht aus. Dann ist sie weg. Erst zu Weihnachten taucht sie wieder auf. Es entwickelt sich eine zarte Liebe, Jana wird schwanger, und Gio hat keine Lust auf Revolution, auf Gaunereien, auf Krise, er will seine eigene Familie. Doch seine Eltern haben andere Pläne, sie zahlen Jana aus, bringen sie dazu zu verschwinden.

Das habe durchaus Tradition, auch in anderen Weltgegenden, berichtete Morchiladze. Es gehe um standesgemäße Ehen. Ein armes Mädchen heiratet eben keinen reichen Jungen. Der Autor erzählt, dass es früher in Georgien üblich gewesen sei, dass junge Paare Tatsachen schaffen und heimlich heiraten würden. So habe er es auch mit seiner Frau gemacht, und er lacht bei dieser Erinnerung.

"Reise nach Karabach" ist ein vielschichtiger Roman, der erst jetzt auf Deutsch herausgegeben wird. Das Buch selbst wurde von Aka Morchiladze einst im Selbstverlag herausgegeben, zu Beginn unter Pseudonym. Der Schriftsteller war damals noch Redakteur einer Tageszeitung, und sein Chef fand das Buch seiner teils vulgären Sprache wegen furchtbar. Doch schließlich machte er Morchiladze Mut: Aus ihm werde ein großer Literat. Damit hatte er recht!

Von Guido Schneider


Siegener Zeitung (25.09.2018)
Internet: www.siegener-zeitung.de
Bildquelle: SZ-Foto von Guido Schneider (schn)

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