Nino Haratischwili mit "Die Katze und der General" beim Literaturpflaster

Eine wahre Geschichte / Erzählt wird von Krieg und Frieden, Schuld und Sühne.

Die georgische Autorin Nino Haratischwili erzählt in ihrem neuen Roman von einem Verbrechen, das sie konsequent aus der Sicht der Täter schildert. Ihr Besuch beim Literaturpflaster setzte am Ende der Veranstaltungsreihe ein Ausrufezeichen. (Foto: G2 Baraniak)

Bad Berleburg. (schn) Das Bad Berleburger Literaturpflaster ist mit einem absoluten Hochkaräter zu Ende gegangen. Nino Haratischwili ist eine der bekanntesten und vor allem meist besprochenen aktuellen georgischen Autorinnen. Mit ihrem neuen Roman, "Die Katze und der General", hat die Autorin es auf die Kulturseiten von "Spiegel" und "Zeit" geschafft, das ZDF-Magazin "Aspekte" hat ihr einen großen Bericht samt Interview gewidmet, und auch NDR-Kultur hat sich des Romans angenommen. Nun also war Nino Haratischwili in Bad Berleburg zu Gast, was auch bewies, welchen Stellenwert das Literaturpflaster in der Literaturszene hat.

Die Autorin ist in Tiblisi geboren, hat dort Regie studiert und ihr Studium in Deutschland beendet. Seit 2003 lebt sie in Hamburg und schreibt ihre Bücher auf Deutsch. Dass Deutsch nicht nur eine Fremdsprache für die Autorin ist, das spürt man in jedem Satz. Die Sprache von "Die Katze und der General" ist facettenreich, die Bilder sind plastisch, vor dem Leser breiten sich die Menschen und Landschaften aus. Dabei hat sich die Autorin an ein heikles Thema gewagt; ihre Geschichte beginnt im Tschetschenien des Jahres 1995. Die 17-jährige Nura träumt sich fort aus ihrem Dorf, sie will hinaus in die Welt nach Grosny, nach Moskau und später nach Mexiko, wo die Telenovela spielt, die sie so gern sieht. Der Krieg in Tschetschenien sorgt für Unruhe in Nuras Dorf. Ein Land rüstet sich zum Krieg, ohne gerüstet zu sein.

In einem langen Prolog umreißt Haratischwili die Bühne, auf der kurz darauf ein grausiges Verbrechen geschieht. Vier russische Soldaten werden es begehen, Soldaten, die sich hier eigentlich von den Gefechten in Grosny erholen sollen. Nura wird Opfer eines Sexualverbrechens, das sie nicht überlebt. Normale Menschen werden zu Verbrechern. Das Schaurige an der Sache: Diese Geschichte ist wahr.

Nino Haratischwili rollt das tatsächlich Geschehene auf und macht daraus einen ergreifenden Roman. Sie sie formt ein Gespinst von Handlungssträngen, immer aus der Sicht der Täter. Nicht um sie zu rechtfertigen, sondern um den Lesern deutlich zu machen, wie es zu diesem Verbrechen kommen konnte. Die Handlung trägt bis ins Jahr 2016, nach Berlin. Hier nimmt die Handlung ihren Lauf.

"Die Katze und der General" liest sich wie ein Thriller, einer, der rund 800 Seiten dick ist und den Leser fordert. Die Kritiken sind sich einig: Nino Haratischwili hat mit ihrem neuen Roman wieder ein außergewöhnliches Werk abgeliefert. Sie erzählt von Krieg und Frieden, Schuld und Sühne, Rache, Verrat und Bespitzelung, aber natürlich auch von Liebe und Tod. Warum lässt sie den Handlung in Berlin spielen und nicht in Moskau? Ganz einfach, sagt die Autorin, weil sie Deutschland kennt, weil es ihr leichter fällt, die Szenen zu beschreiben, weil es die Recherche leichter macht. Die so gewonnene Zeit kann sie in die Recherche anderer Aspekte investieren. Das merkt man ihrer Erzählung an. Alles wirkt real, gut gestaltet und authentisch. Nino Haratischwili bewegt sich dennoch in der Welt der Fiktion, sie schreibt nicht autobiographisch. Das will sie auch gar nicht, sie will sich immer wieder neuen Geschichten stellen, Welten entwerfen, ihrer Kreativität freien Lauf lassen.

Von Guido Schneider


Siegener Zeitung (31.10.2018)
Internet: www.siegener-zeitung.de
Bildquelle: Foto von G2 Baraniak

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