Über Kalevala und finnische Besonderheiten

Zweimal hat Prof. Ralf Schnell die Einführungen in die Landeskunde des jeweiligen Buchmessen-Gastlandes in der Kur-Apotheke gehalten. Stadtarchivarin Rikarde Riedesel würde dies gern zur Dauereinrichtung machen. 'Ich bin Germanist, das glaubt mir hinterher kein Mensch mehr, wenn ich im nächsten Jahr über Indonesien referiere', so Ralf Schnell. (WP-Foto: Christiane Sandkuhl)

Bad Berleburg. Literatur als Droge – humorvoll soll sie zumindest für die Zeit des 21. Literaturpflasters in Berleburg ins Methadon-Programm aufgenommen werden, stellt Apotheker und Gastgeber Karsten Wolter fest. In den Räumen der Kur-Apotheke tummelte sich jetzt wieder einmal die breite Masse der Bücher- und Literaturfreunde Wittgensteins. Buchmessen-Ehrengast Finnland ist in Berleburg zum absoluten Renner geworden, alle bisher durchgeführten Veranstaltungen füllten die Räume bis zum Bersten und bereiteten den Teilnehmern einen Heidenspaß.

Saunen in Finnland

Doch bevor es historisch und politisch, mystisch und wissenschaftlich wurde, kamen die Gäste in der Apotheke durch PTA Margit Strack richtig zum Schwitzen mit ihren Erklärungen zum Unterschied zwischen deutscher und finnischer Sauna. "Gemeinsamkeiten gibt es da nicht viele", so Margit Strack. Heiß ist es in beiden, gesellig geht es in Finnland zu und es gibt kaum einen Grund eine Einladung in die Sauna abzulehnen. "In Gesellschaft zu saunen ist eine große Ehre und zugleich Kräfte förderndes Ritual", weiß Margit Strack.

Viele Fans

Prof. Dr. Ralf Schnell, für die Lesung "Das Kalevala und die Folgen" aus Berlin angereist, übernahm vor zwei Jahren mit Begeisterung die Schirmherrschaft über das Projekt "Literaturpflaster". Ehemals leitete er die Universität Siegen und hat aus dieser Zeit eine Menge Fans, die ihn natürlich immer wieder gern hören und sehen. So auch in Berleburg. Ralf Schnell ist Germanist und gibt sich mit Leidenschaft den Kulturen der Welt hin, erforscht die Literaturen und ist auf seinem virtuellen Weg durch den nordischen Ehrengast reichlich fündig geworden.

Heldenepos

Wer sich mit Finnland beschäftigt, kommt am "Kalevala" nicht vorbei. Das recht junge Heldenepos, das in der Weltgeschichte vergleichbare Dichtungen wie das deutsche "Nibelungenlied" oder den englischen "Beowulf" hat, erfährt erst im 19. Jahrhundert Aufmerksamkeit. Elias Lönnrot sammelte in den Jahren 1833 bis 1849 aus Überlieferungen, Zeugnissen und Einzelversen ein Werk mit über 22 000 Versen in 50 Gesängen, teils karelischen Ursprungs, und er unterteilte diese in zwei Stufen – in alte Gesänge und neues Kalevala.

Letzteres gibt laut Prof. Schnell einen tiefen, sogar prophetischen Blick auf die Gegenwartsliteratur Finnlands. Ohne weit ausholen zu müssen, sind hier vier Themenbereiche "Gegenwart und Geschichte", "Erfahrung der Fremde", "Verbrechen und Vergeltung" und "Die Welt der Comics" zum Greifen nahe. Prof. Schnell kann aufgrund der noch zu erwartenden finnischen Literaten auf dem Literaturpflaster sehr authentisch arbeiten und weiß auch mit seinen genannten Buchbeispielen, er erreicht die Leser und das Publikum in Berleburg.

Drei Sprachen

5,5 Millionen Menschen leben in Finnland, sprechen drei Sprachen: Finnisch, Schwedisch und ein kleiner Teil auch Samisch.

Politisch hat das Land, wie in der durch Professor Schnell vorgestellten Literatur schon Höhen und Tiefen, Grausamkeiten, Hoffnungslosigkeit und das Aufstreben der Nation als Ganzes aus dem Elend erlebt. Es ist von der Natur zauberhaft, großartig und die Reise durch Literatur, Natur und durch die Völker unbedingt wert. Dies bestätigt auch die in finnischer Tracht gekommene Wahl-Berleburger Finnin Inkeri Marburger.

Von Christiane Sandkuhl


WESTFALENPOST (02.10.2014)
Internet: www.derwesten.de/staedte/bad-berleburg/
Bildquelle: WP-Foto von Christiane Sandkuhl

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