Leena Lehtolainen entführte Zuhörer in die Schären

Finnischen Kriminalfall im Berleburger Amtsgericht verhandelt
Spannende Fälle mit der blonden Kommissarin Maria Kallio

Leena Lehtolainen mit 'Vorleser' Christoph Haupt am Richtertisch in Bad Berleburg. (WP-Foto: Irmtraud Treude)

Bad Berleburg. Im Sitzungssaal eins des Amtsgerichts Bad Berleburg fand am Freitagabend eine ganz besondere Sitzung statt. Zu verhandeln gab es keine Straftat, sondern, einen Krimi. Und mit zu verhandeln gab es auch gleich zwei "Wiederholungstäterinnen", wie es Rikarde Riedesel amüsant umschrieb.

Bei den Täterinnen handelte es sich um die finnische Kriminalautorin Leena Lehtolainen, die zum 12. Mal ihre Kommissarin Maria Kallio in den Einsatz schickte. Verhandelt wurde beim 21. Berleburger Literaturpflaster der Fall "Wer ohne Schande ist", das neueste Buch der Autorin. 1993 erschien der erste Roman der Krimireihe um die Kommissarin Maria Kallio. Die Bücher sind nicht nur in Finnland Bestseller, sondern werden inzwischen in über 30 Sprachen übersetzt. Bereits 1997 erhielt Leena Lehtolainen den finnischen Krimipreis.

Von der Buchmesse angereist

Leena Lehtolainen war extra von der Frankfurter Buchmesse angereist, um an diesem Abend im Bad Berleburger Amtsgericht anwesend zu sein. Als Autorin stand Frau Lehtolainen natürlich der Vorsitz am Richtertisch zu, flankiert wurde sie von Rikarde Riedesel, die an diesem Abend die Moderation und Übersetzung übernahm. Unterstützung erhielten die beiden Damen am Richtertisch außerdem von Christoph Haupt, der in die Rolle des Vorlesers schlüpfte.

"Maria Kallio ist ganz anders als ich."
Leena Lehtolainen, Autorin über ihre Protagonistin

Nach der Begrüßung und einer kurzen Vorstellung des Romans las Leena Lehtolainen einige Passagen des neuen Krimis in finnischer Sprache vor. Danach trug Christoph Haupt die gleichen Abschnitte in deutscher Sprache vor. Sogleich ließ sich das Publikum gefangen nehmen und es entstand beim Zuhörer das Gefühl, mit in den finnischen Schären unterwegs zu sein und die beiden in Plastik eingewickelten Leichen im Wasser treibend zu finden. Und sich dann - im nächsten Moment - auch gleich in der Wohnung von Kommissarin Maria Kallio wiederzufinden, die zum Tatort gerufen wird.Als Teenager habe sie alle Agatha-Christie-Romane gelesen. Später sei ihr dann klar geworden, dass es beim finnischen Krimi-Genre keine weiblichen Hauptfiguren als Ermittlerinnen gab. Natürlich seien im realen Leben Frauen im Polizeidienst tätig gewesen - nur halt nicht in Romanen.

Sie habe gewartet und gewartet - und dann endlich selbst geschrieben. Ganz bewusst habe sie deshalb auch eine weibliche Protagonistin gewählt, die Juristin und Polizistin ist. Ebenfalls ganz bewusst habe sie eine junge Frau gewählt, die im Laufe der Zeit ihre Erfahrungen sammeln kann, die reifer und älter werden kann.

Vorliebe für starken Whiskey

Der erste Fall für Kommissarin Kallio erschien in Deutschland unter dem Titel "Alle singen im Chor". Leena Latholainen sang damals aktiv in einem Chor und so konnten vieles aus dem Musik-Genre im Roman verarbeitet werden. Sie habe überlegt, wie kann diese Person Maria Kallio sein, welche Interessen hat sie, was bewegt sie. Und so wurde dann die Hauptfigur konzipiert.

"Maria Kallio ist ganz anders als ich", erklärt die Autorin. Sie ist eine große schlanke Blondine. Sie kann z. B. nicht kochen - Leena Latholainen dagegen kocht gerne und sehr gut. Allerdings eine Gemeinsamkeit haben beide - die Vorliebe für einen guten starken Whiskey. Dem interessierten Publikum erzählt die sympathische und sehr offene Autorin, dass es sich bei den Romanfiguren durchweg um fiktive Personen handelt. Die einzigen Darsteller, die sowohl in den Romanen, als auch im realen Leben vorkommen, sind Hunde und Katzen. Auf die Frage, wie ihre Geschichten entstehen, erklärte Leena Lehtolainen "Alles ist in meinem Kopf". Die Ideen zu ihren Krimis kommen ihr meistens bei ganz alltäglichen Tätigkeiten wie putzen, bügeln oder Pilze putzen.

Eigentlich schlafe sie sehr gut und fest, erzählt die finnische Agatha Christie weiter. Allerdings habe sie eines nachts einen Alptraum gehabt. Deutlich habe sie im Traum zwei in Plastikfolie eingewickelte Leichen in einer Meeresbucht treiben gesehen. Daraus sei dann die Idee zum neuen Roman "Wer ohne Schande ist" entstanden.

Maria Kallio ist keine Superheldin. Sie ist eine berufstätige Frau zwischen Beruf und Familie. In den Büchern erhält man einen Einblick in das Familienleben der Kommissarin. Sie ist eine Frau mit Ecken und Kanten, die auch ihre privaten Probleme hat. Zugleich ist Maria Kallio aber auch eine moderne Kriminalistin, die sich auch sehr gut mit technischen Dingen und Analysen auskennen muss.

Genau wie Maria Kallio muss auch Leena Latholainen für jedes Buch viel recherchieren. Für "Wer ohne Schande ist" hat sie sich zu Strömungsgeschwindigkeiten und Gezeiten informiert,damit zu ermitteln war, wo die Leichen ins Meer geworfen wurden. In Zusammenarbeit mit dem Meeresforschungsinstitut wurden z. B. Berechnungen und Kalkulationen erstellt.

Bei den nächsten Passagen fühlt man sich gleich wieder in die finnische Schärenwelt versetzt. Die Geschichte nimmt einen gefangen und bestimmt wäre es vielen der Besucher lieb gewesen, den ganzen Abend im Sitzungssaal zu bleiben.

Von Irmtraud Treude


WESTFALENPOST (14.10.2014)
Internet: www.derwesten.de/staedte/bad-berleburg/
Bildquelle: WP-Foto von Irmtraud Treude

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