Rosa Liksom bietet eine aussergwöhnliche Lesung beim 21. Bad Berleburger Literaturpflaster

Bunt, schillernd und nicht alltäglich

So, wie Rosa Liksom aus ihrem Roman 'Abteil Nr. 6' erzählte, war auch ich Umgang mit ihrem Berleburger Publikum: liebevoll, fröhliche, wissend und charmant. (WP-Foto: Christiane Sandkuhl)

Bad Berleburg. Eine Frau bewegt sich mit Charme und Wortkunst durch eine Männerdomäne. Die finnische Autorin und gebürtige Lappin, Filmemacherin, Malerin und Performance-Künstlerin Rosa Liksom las aus ihrem jüngsten Werk "Abteil Nr. 6" – wobei der Baufachmarkt Rompel zur Spielwiese während ihrer Gastlesung zum 21. Berleburger Literaturpflaster "Finnland.Cool" wurde.

Rosa Liksom bekam bei ihrer Buchpräsentation reichlich Unterstützung seitens der Veranstaltergemeinschaft. Diesmal waren es Rikarde Riedesel, die geschickt übersetzte und Otto Marburger (Kulturgemeinde Bad Berleburg), der die wichtigen Textpassagen auf Deutsch las.

Die 56-Jährige verkörpert ein ungewöhnliches Erscheinungsbild – bunt, schillernd und nicht alltäglich. Ihr Wesen, so wie ihr gesamtes Dasein ist nicht "von der Stange" und ihre Präsentation passt in keine literarische Konfektionsgröße. Rosa Liksom ist Cosmopolitin. Sie liebt das Reisen, das Studieren, das Lernen über Gott und die Welt. Und ganz nebenbei erfahren die vielen Zuhörer in der Verkaufshalle: Für eine sehr gute Buch-Recherche benötigt die Frau mit den pfiffigen Haarschnecken gut 150 Werke über Historie, Politik und Landeskunde des zu beschreibenden Handlungsablaufes. Sie nickt fröhlich in die Runde und weiß mit der Zustimmung der Frauen und Männer: "Hier komme ich an, hier habe ich zumindest einen kleinen Markt für meine Literatur und für das Verstehen meiner Werke."

Ihr Werk ist eine Reise wert

"Abteil Nr. 6" ist, wie der Titel vermuten lässt, eine Reise im Zug. Hier treffen zwei völlig unterschiedliche Charaktere aufeinander. Vadim, der Kriminelle, der aus schwierigsten Familienverhältnissen stammt, dessen Kindheit bereits mit Mord und Totschlag begann und dessen Lebensweg genauso wie einen roten Faden durchzog. Er mordete selbst. Dann die bis zum Schluss namenlose, im Abteil mitreisende junge Finnin. Ihr steht das Unbehagen im Gesicht. Er weiß Rat und übernimmt Regie, um mit ihr ins Gespräch zu kommen. Seine Erzählungen und sein forsches Auftreten können es auf den Punkt bringen und seinem Gehabe Ausdruck verleihen. Sein weibliches Gegenüber wird von Rosa Liksom als weniger wichtig, kaum spektakulär auf der Bahnfahrt von Moskau Richtung Sibirien beschrieben. Wohingegen die bunte, pikaresken Inhaltes versehene Sprache Vadims der der umschriebenen Landschaft gleicht.

Rosa Liksom geht mit tiefer Hingabe an die Worte, steigt in Romane von Tschechow, Gogol oder Dostojewski und tangiert sie leicht. Sie verlangt dem Leser Kombination ab, spielt mit dessen Fantasie und fordert heraus zur eigenen Forschung.

Das Werk ist eine Reise wert – nur dass der Leser oder Zuhörer dafür nicht notwendigerweise in die Transsibirische Eisenbahn steigen muss, es genügt das Ticket Richtung Buchhandlung mit Rückfahrschein ins eigene Wohnzimmer. Rosa Liksom gelingt es mit Bravour zu fesseln, zu unterrichten und zu begeistern mit einer Sprache, die sehr besonders, bunt, empathisch und voller Anregungen ist.

Von Christiane Sandkuhl


Neun Jahre Recherche für Projekt "Burka"

  • Die 56-jährige Allround-Künstlerin Rosa Liksom las im Baufachmarkt Rompel aus ihrem Roman "Abteil Nr. 6".
  • Für ihr Buch-Recherche benötigt sie gut 150 Arbeitswerke. Im Durchschnitt bereitet sie sechs Jahre an einem Buch vor dem Erscheinen vor.
  • "Burka" benötigte neun Jahre Recherche, um islamische Elemente authentisch ins moderne Finnland zu positionieren.
  • Rosa Liksom ist – wie die literarischen Gäste Markus Nummi und Kjell Westö vor ihr – für den Preis des Nordischen Rates nominiert.

WESTFALENPOST (08.10.2014)
Internet: www.derwesten.de/staedte/bad-berleburg/
Bildquelle: WP-Foto von Christiane Sandkuhl

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