Esmahan Aykol las im Rahmen des Literaturpflasters
aus ihrem Roman "Scheidung auf Türkisch"

Esmahan Aykol liest in der Schlossschänke aus 'Scheidung auf Türkisch'. Es beginnt in akzentuiertem Deutsch mit 'Istanbul ist eine gefährliche Stadt'. (WR-Foto: Stefan Kascherus)

Als Krimi verpackter Reiseführer

Bad Berleburg. (sk) Eine besondere Freude für Krimifans wurde im Rahmen des Literaturpflasters im rustikalen Ambiente der Schlossschänke serviert. Esmahan Aykol stellte vor einem vollen Saal ihr Buch "Scheidung auf Türkisch, ein Fall für Kati Hirschel" vor.

Reich, erfolgreich, jung, schön, tot. Sani Ankaraligil, in Trennung lebende Gattin des Sprösslings einer reichen Istanbuler Industriellenfamilie, fand kein schönes Ende am Pool ihrer Villa. Ein Unfall, wie die Polizei feststellte. Kati Hirschel, deutsche Kriminalbuchhändlerin, Wahlistanbulerin und Protagonistin des dritten Romans von Esmahan Aykol, will das Gegenteil beweisen.

Die Liste der Verdächtigen ist lang: Die Großindustrie, die auf der Abschussliste der engagierten Umweltschützerin stand; die einflussreichen Ankaraligils mit ihrem Sohn Cem, die dem Skandal einer Scheidung aus dem Weg gehen wollten; die Separatistengruppe "TÖZ", die ganz eigene Motive für einen solchen "Unfall" hat.

Die frische und ironische Art der Kati Hirschel, die zusammen mit ihrem Angestellten und Freund Fofo mit ihren Ermittlungsmethoden die Arbeit der Polizei kreuzt und dabei auf "alte Bekannte" trifft, regt zum kurzweiligen Streifzug durch die engen Gassen und weitläufigen Promenaden Istanbuls ein. Es ist der nunmehr dritte Roman um die Heldin, deren Geschichte mit "Hotel Bosporus" und "Bakschisch" einen kometenhaften Erfolg in der Türkei und nun auch in Deutschland hatte.

Auch, wenn der Leser sich nicht für die Morde in der schicken Gesellschaft Istanbuls interessieren würde, wäre der Stoff interessant, weil eine frech-lässige Heldin mit kleinen Seitenhieben auf deutsch-türkische Eigenheiten zum Schmunzeln anregt. Das Buch ist wieder ein gelungener Reiseführer und ein Bild auf die kulturellen Eigenheiten am Bosporus geworden.

Das war schon immer Aykols Ziel, erklärt sie im Künstlergespräch nach der Lesung. Die Juristin, die in Berlin studierte, habe immer auf humorvolle Weise mit Vorurteilen und Ungereimtheiten zwischen Deutschen und Türken aufräumen wollen. Ihre erste Idee, Romane über einen Türken in Berlin zu schreiben, verwarf sie, weil es entsprechende Literatur wie Sand am Meer gibe. Aykol entschied sich für ein neues Experiment: Eine Deutsche in Istanbul.

Freches Mundwerk ist die Gemeinsamkeit

Kati Hirschel, die als Kriminalbuchhändlerin Mordfälle löst, ist die schnodderige Mischung aus zwei von Aykols besten Freundinnen. Ihren Name hat sie vom deutsch-jüdischen Juristen Ernst Hirsch, der während des Nationalsozialismus in die Türkei emigrierte und dort die juristischen Fakultäten von Ankara und Istanbul gründete.

Außer dem Hang zum bunten und lebhaften Treiben Istanbuls, Kriminalromanen und dem nach eigenen Aussagen "frechen Mundwerk", habe die Titelheldin ihrer Romane nicht viel mit ihr gemein, erklärt Aykol dem Publikum.

Der Erfolg gibt Aykol Recht: Als Bestsellerautorin wird die 38-Jährige in der Türkei gefeiert, auch, wenn sie gesteht, dass sie Türken nicht sehr viel lesen würden und sie in Deutschland das Zehnfache verkaufen würde, ohne in den Bestsellerlisten aufzutauchen.

Von Stefan Kascherus

Zur Person

Nur zwei Monate als Juristin gearbeitet

  • Esmahan Aykol: Scheidung auf Türkisch; 323 Seiten (gebunden); Diogenes Verlag;
    Auflage: 1 (September 2008); ISBN-13: 978-3257066777.
  • Das Buch ist das vierte Werk der Autorin. Nach den beiden anderen Hirschel-Romanen schrieb Aykol auch noch "Goodbye Istanbul", in dem es um eine junge Frau geht, die im Gefühlschaos die Türkei verlässt und nach London geht. Sie hält sich mit Aushilfsjobs über Wasser und ergeht sich in Erinnerungen.
  • Esmahan Aykol wurde 1970 in Edirne (Türkei) geboren, studierte Jura in Berlin, arbeitete als Journalistin und war zwei Monate als Juristin tätig, als sie erkannte, dass dieser Beruf nichts für sie ist und sie ihren Traum Schriftstellerin zu werden, verwirklichte.

Westfälische Rundschau (24.10.2008)
WR-Bild: Stefan Kascherus (sk)

Westfälische Rundschau
Westfälische Rundschau